Donnerstag, 9. Mai 2013

Leia's Secret [Leia & Darius] PREVIEW

Hey guys!
Haven't seen you in a while now :3 I'm doing fucking fine *-*
Also because I just wrote the 100th page of the first part of my planned trilogy: Leia's Secret.
Right now it's only out in German but I'll try to hurry up with the english translation :D
Here's a little preview-you can translate it on google translator for now :P


Chapter One


Leia wand sich in ihrer Decke. Seit Stunden quälte sie sich in den Schlaf, wälzte sich von Seite zu Seite und rauschte durch einen Fiebertraum nach dem nächsten.
Ihre Gesundheit erlaubte es ihr nicht, auch nur an etwas Anderes zu denken. Gewissermaßen fühlte sie sich gestraft, doch als Leia die Augen aufschlug fühlte sie sich, als habe sie einer Anweisung getrotzt und sich dieser zu wider gesetzt- somit hatte sie diese Krankheit wohl verdient.
Seit sie klein war, wusste Leia, dass sie Osteogenesis Imperfecta erkrankt war, auch bezeichnet als die Glasknochenkrankheit, bei der schon ein einzelner Sturz tödlich sein konnte. Darum hatte ihre Familie entschieden, dass es sicher wahr, sie in diesem Haus zu evakuieren.
In ihrem Leben hatte sie mehr Brot mit Butteraufstrich von einer netten Krankenschwester gebracht bekommen, als ihre Mutter für sie irgendetwas gekocht hatte. Sie war Jemand, der Erkältungen und Schlimmeres magisch anzog. Einmal musste Leia ein ganzes Schuljahr wiederholen, weshalb sie nun immer noch in der fünften Klasse feststeckte, anstatt wie die Anderen eine sechste Klasse zu besuchen. Aber es machte keinen großen Unterschied, da ihre Eltern in ihrem dritten Schuljahr befunden hatten, dass eine Privatschule leichter für sie zu händeln wäre. Seither kam Montags bis Freitags Dr Kitson zu Besuch um sie zu unterrichten.
Leia war eine fleißige und akademisch gute Schülerin-, denn womit sollte man sich außer mit lernen sonst noch so die Zeit vertreiben, wenn man die ganze Zeit eingesperrt war?-, worauf Dr Kitson immer sehr stolz war und ihr meist fortgeschritteneres Zeug beibrachte. Daher war Leia nicht traurig, dass sie einmal wiederholen musste, denn den Stoff, den sie durchnahm, würden die Anderen erst im Jahr darauf lernen.
Dennoch hatte sie sich seit der Privatschule wie ein vom Rest getrennter Abfall gefühlt, Asche zu Asche. In Momenten, in denen ihre Traurigkeit einen Tiefpunkt anbelangte, hatte sie sich in ihrem Zimmer eingeschlossen, wohl wissend, dass sowieso Niemand nach ihr sehen würde, und mit ihrem Hasen Glöckchen geredet. Glöckchen begleitete Leia schon von ihrem ersten Lebensjahr an und sie wusste genau, dass ER sie niemals verlassen würde, egal was sie machte. Das Gefühl, von Glöckchen geliebt zu werden, gab ihr Tag für Tag die Kraft gegen den Tod weiterzukämpfen und Leia fühlte sich meist stärker als alle Kinder, die draußen spielen durften und nicht wie sie gefangen wurden.
Irgendwann würde sie auf die da draußen herabschauen und im Schnee spielen trotz ihrer Gesundheit, während sie ganz schrecklich an ihrem Alter verenden würden.
Doch insgeheim wusste Leia, dass sie niemals so lange überleben würde. Vielleicht lag es an ihren großen Hoffnungen, ihren Träumen oder schlichtweg ihrer Ignoranz, dass sie sich solche bösen Gedanken machte, aber Nichts davon gab ihr ein Gefühl der Falschheit. Auch wenn ihr Kindermädchen und auch ihre Eltern ihr einredeten, dass Träume Schäume waren, gab es immer noch Glöckchen, dem sie noch mehr vertraute und dessen Stimme in ihrem Kopf sie stets ermutigte, weiter zu machen und nicht stehen zu bleiben.
Schließlich strampelte Leia sich aus der Decke frei, schlüpfte schlaftrunken in ihre Sommersandalen, die sie neben dem Bett geparkt hatte, und schleppte sich zu der Balkontür. Am Himmel hing ein vollkommener und runder Mond, der ihr wie der Lichtkegel einer Taschenlampe den Weg zu leuchten schien. Den Weg zur Normalität, den Weg zum Mut zum Leben. Noch mehr Mut, als den, über den sie bereits verfügte.
Leia verschränkte die Arme auf dem metallenen Balkongeländer und atmete die kalte Luft ein. Sie säuberte ihre Lungen von Alpträumen und Schlafstörungen, fand Leia.
Wenn sie in der Nacht draußen war, dann war sie dem Himmel am nächsten. Es war, als könnte sie die Hand nach den Sternen ausstrecken und sich gut fühlen, trotz des Wissens, dass sie sich keinen einzigen runterangeln konnte.
Leia wusste hundert Prozent, dass auf einem von ihnen ihr Name stand, der nur darauf wartete, irgendwann herunter zu fallen. So hatte ihre Mutter das gesagt.
"Leia, der Tod ist ein Stern, der herunterfällt, sobald es dem Ende entgegen kommt. Darum gibt es auch so viele Sterne. Für jeden existierenden Menschen einen. Vergiss nie, dass du niemals alleine bist. Wir leben Alle unter dem selben Himmel. Immer der Selbe, egal wie sehr sich das um uns herum verändert, bleibt er doch gleich"
Glöckchen stand ihr bei, ihren Stern ausfindig zu machen, in dem sie Nacht für Nacht auf den Balkon trat. Wenn sie das Mal vergaß, peinigte sie sich, in dem sie den morgigen ganzen Tag vorlog, keinen Appetit zu haben. Natürlich wusste ihr Kindermädchen dann, dass irgendetwas nicht stimmte, doch es fragte nie nach, sondern stellte Leia nur eine Obstschale vor ihre Zimmertür.
Leia wusste nicht ganz, warum es Obst war. Als sie kleiner gewesen war, hatte das Kindermädchen ihr bei Familienfesten immer einen oder mehrere Äpfel in Stücke geschält und ihr befohlen fünfzig mal darauf zu kauen, bevor sie sich das nächste Achtel nahm. So kam sie meist die ganze Zeit über nicht zu Wort, was der Sinn hinter der Apfelfalle zu sein schien. Die Äpfel waren süßsäuerlich und schmeckten, darum schwieg Leia.
Sie wusste ganz genau, dass sie geliebt wurde. Auch wenn ihre Eltern oft auf Reisen gingen und das Kindermädchen sich weigerte, Spiele mit Leia zu spielen, so war ihr Leben ein kleiner Fleck auf der Welt, der nicht einfach ausradiert werden konnte, weil er zu unbedeutend und klein war.
"Glöckchen, wir werden meinen nächsten Geburtstag zusammen erleben", schwor sie dem Mond, der als Zeuge stur und eisern schwieg, wie es sich im Gericht gehörte. Leia war froh, dass der Mond dafür so viel Verständnis hatte.
Ihre Stimme verklang wie der letzte unbedeutende Ton eines Liedes im Wind und einen Moment befürchtete sie, sie könnte womöglich das Kindermädchen geweckt haben, doch die Stadt rührte sich nicht und blieb weiterhin völlig unberührt. Nur die Leuchtreklamen in weiter Ferne blinkten von rosa auf blau und wieder zurück, wie es jede Nacht bis um vier Uhr morgens blieb. Dann wurden die Lichter zwei Stunden ausgestellt und um sechs Uhr wieder angemacht, ein 22 Stunden Service. Das Alles wusste Leia genau.
Sie hatte vor einiger Zeit begonnen, aus Langeweile alle Dinge aufzuschreiben, die ganz sicher jeden Tag in der Stadt passierten. Jeden Freitag kam der Schrotthändler. Jeden Montag der Eiswagen. Jeden Morgen um sieben Uhr die Schüler, die nicht wie Leia auf eine Privatschule gingen. Jeden Abend um acht Uhr schlossen die kleineren Supermärkte ihre Türen und warteten auf einen neuen Tag. Solche Dinge.
Dinge, die wie sie waren, schwach. Aber bedeutend für den Tag, das hoffte sie.
Solange es eine Person gab, die sich an Leias Anwesenheit erfreute- und wenn es nur Glöckchen war-, dann war sie zufrieden.
"Leia-Schatz, leg dich schlafen. Du wirst dich erkälten" Das Kindermädchen überraschte Leia, in dem es bereits in ihrer Zimmertür stand, die sie heute vor Müdigkeit vergessen hatte abzuschließen.
"Ich kann nicht einschlafen", erwiderte Leia, schlich aber auf leisen Sohlen vom Balkon herunter und schloss die Tür hinter sich. Sie knipste die kleine Lampe auf ihrem Schreibtisch an und betrachtete entspannt das Gesicht der alten Frau. Es wirkte wie eine verdorbene Aubergine, so dörr und sehnig. Aber es war ein nettes Gesicht, an das sich Leia gewöhnt hatte.
"Wenn du zu wenig Schlaf hast, dann wird das deinem Schutzengel nicht gefallen, Leia-Schatz", bat das Kindermädchen, kam auf Leia zu und hob sie auf ihrem Arm in ihr Bett. Obwohl sie schon elf Jahre alt war und natürlich alleine gehen konnte, wurde sie immer wie ein Vierjähriges behandelt, dass seinen viel zu kleinen Laufstall verlassen hatte, sobald Leia aus dem Bett stieg. Ihre Eltern waren zwar nicht besonders oft zu Hause, aber ihr Kindermädchen hatte die strikte Anordnung, Leia niemals zu gefährden und wie einen Schatz zu hüten.
Ihre Mutter hatte Leia immer einen Saphir genannt, wegen ihren funkelnden blauen Augen, die sogar einen Fliederschimmer hatten, aber selbst wenn sie so viel wert wäre, wie ein Saphir, dann fand Leia den ganzen Aufwand doch umsonst. Viel zu oft geschahen Dinge ohne ihre Erlaubnis oder ihre Zusage. Es wurde zur Routine, darum fand Leia nicht, dass ihr Leben ohne Schutzengel einen merklichen Unterschied aufweisen würde.
"Mein Schutzengel hat mir schon genug geholfen. Er soll sich ruhig ausruhen", beruhigte Leia ihr Kindermädchen und deckte sich abermals zu, mit dem Wissen, dass es ihr nichts nützen würde. Das wusste das Kindermädchen auch, darum ging es auf einen aufheiternden Kompromiss ein. "Wir können morgen zusammen für deine Eltern Plätzchen machen! Ich habe noch eine Backmischung in den Schränken liegen. Deine Mutter wird sich freuen, wenn sie aus New York zurück kommt"
Leia willigte ein und überdeckte ihre Ohren mit dem Bettzeug, um Nichts mehr hören zu müssen.
Sobald das Kindermädchen ihr Zimmer verlassen hatte, sprang Leia aus dem Bett, schloss die Tür und krabbelte dann doch wieder zurück ins Warme. Diesmal nahm sie Glöckchen mit in ihren Arm, den das Kindermädchen nur als nutzloses Stofftier abtat.
Sie schlief auch in dieser Nacht mit ihm und hielt ihn ganz nah an ihr Herz, damit er ihren Herzschlag beruhigend fand.
"He, Glöckchen. Morgen backe ich Kekse. Und dir auch welche"
Glöckchen antwortete mit Schweigen, über das Leia sogar leise Kichern musste. Doch schnell ermahnte sie sich aufzuhören, bevor wieder Jemand nach ihr sehen würde. Dieser ganze Klotz, in dem sie wohnte, war wie ein Hochsicherheitsgefängnis, in dem jedes Lächeln schon ein Vergehen war. Leia hatte sich in ihren elf Jahren schon daran gewöhnt, dass sie selbst leise sein musste, wenn ihr Eltern zu Hause waren- da sie sich dann auf ihre Arbeit konzentrieren mussten-, doch besonders spaßig war es noch nie gewesen.
Sie rieb ihre Nase an den Stoffknopf, der wohl das selbe bei Glöckchen darstellen sollte, und küsste ihn auf die Stirn. Den Namen Glöckchen hatte er sich verdient, da er früher noch eine riesige rosa Schleife trug, die mit einer Rassel gefüllt war, die bei jeder Bewegung wie tausend Glöckchen raschelte.
Das Wichtigste war, dass Glöckchen zu ihrer Familie geworden war.
Mit einem breiten Schmunzeln auf dem Gesicht, das in diesem Klotz mehr als verboten war, fiel Leia in einen unruhigen Schlaf, in dem Federn, Regen, Blut und ihre eigenen Tränen ihre Sicht verzerrten.

***



Er beobachtete sie in ihrem Schlaf.
Manchmal zuckte sie unruhig oder spannte die Gesichtsmuskeln an, nur um sie danach entgleisen zu lassen. Er bewunderte sie um ihren großen Lebenswillen, auch wenn er das niemals öffentlich zugeben würde. Wenn sie nicht so unglaublich stark sein würde, hätte er sie schon Jahre früher mitnehmen müssen. Vielleicht sogar noch, bevor sie die Grundschule besuchen konnte. Auch wenn er nur wenige fünf Jahre älter war als sie, fühlte er bereits eine starke Bindung zu ihr, die er bisher noch zu keiner seiner vergangenen Schützlingen gehabt hatte. Er hatte schon von Engeln gehört, deren Schützling ein Seher war- Jemand, der seinen Schutzengel sehen konnte-, und deren tiefes Band mit ihrem Menschen. Doch bisher hatte es nicht den Anschein gemacht, als sei Leia irgendetwas Besonderes.
Leia war wunderschön wie die Nacht, die er so liebte, (was er ebenfalls nicht zugeben würde) da sie ihn mit seinem Menschenleben verband. Das hatte er gewusst und trotzdem hatte sie ihn umgehauen, als er ihr damals zugeteilt worden war. Er hatte sich immer noch nicht an Leias Schönheit gewöhnt, aber wenn er sich oft genug sagte, dass sie nichts Besonderes war, konnte er seinen Herzschlag zügeln. Nicht, dass er seinem Schützling gegenüber irgendwelche romantischen Gefühle hegte, doch als ehemaliger Künstler hatte er eine Schwäche für schöne Dinge. Er war froh, dass ihm das Leben als Schutzengel eine zweite Chance gab, sich eine Mauer um die Anderen zu bauen. Gerne war er nun der arrogante Typ, der den Mädchen jeden Wunsch von den Lippen las, aber niemals für Eines offen war. Zu Schade, dass dies Alles an den Himmel vergeudet wurde.
Schon wieder wälzte Leia sich in ihren Träumen gefangen auf die andere Seite und kniff die bereits geschlossenen Augen zusammen.
Er würde sie gerne von ihren Qualen befreien, doch dann würde sie ihn in seiner wahren Gestalt sehen. Jeglicher verbotener Kontakt mit Menschen, ebenso eine Beziehung mit jenen, galt als glatter Regelverstoß, ausgeschlossen im Falle einer Seherin.
Wie er dann enden würde wusste er, doch er wagte sich nicht darüber zu fantasieren. Über das, was nach diesem Leben auf ihn wartete.
Als er sich auf einem Baum vor ihrem Fenster niederließ, um den Wachposten für diese Nacht einzuschlagen, spürte er ein Ziehen in der Brust. Das Zeichen dafür, dass Jemand an ihn dachte.
Der Gedanke daran, dass Leias Traum womöglich von ihm handelte, machte ihn traurig. Einst war er Schutzengel eines kleinen Leukämie kranken Mädchens gewesen, das jeden Abend für ihren Schutzengel gebetet hatte. Sie war weder eine Seherin gewesen, noch hatte sie ihn jemals zu Gesicht bekommen und doch hatte sie so fest an ihn geglaubt, dass seine Fassade zu bröckeln begann, sobald sie Abends zu Gott sprach. Letztendlich hatte die Kleine sich in den Umriss ihrer Hoffnung verliebt und ihr unbändiges Liebeskummer hatte ihr den endgültigen Todesstoß verpasst, ohne dass er sie hätte retten können, selbst wenn er ihre Gefühle erwidert hätte.
Seine Bindung zu Leia war bereits so fest, dass er nicht wusste, ob er seine Fassade bis zu ihrem Tod wahren konnte. Aber wie bei Allem behielt er all diese Dinge immer für sich und ließ stattdessen die Hülle seiner Selbst sprechen.
So war es einfacher.


***




An diesem Morgen erwachte Leia mit einem flauen Gefühl in ihrem Magen. Leia hatte bisher noch nie irgendwelche Magenbeschwerden gehabt, daher fühlte es sich komisch an, dieses Rumoren in ihrem Bauch zu spüren. Es fühlte sich an, als habe sie tagelang Nichts gegessen aber gleichzeitig, als würden ihre Lungen platzen, sobald sie auch nur einmal einatmete.
Glöckchen war noch an Ort und Stelle: Eng an ihre Brust gepresst lag er auf dem Lacken und sagte wie sonst auch gar nichts.
Schwungvoll setzte Leia sich auf, stieg von ihrem Bett und schloss die Zimmertür auf. Sofort kam ihr ein feiner Schokoladengeruch entgegen. Wider ihrer Erwarten hatte ihr Kindermädchen ihr heute keine Obstschale auf den Flur gestellt, worüber Leia komischerweise froh war, denn das Völlegefühl schien noch lange anhalten zu wollen.
Als sie sich die Treppe hinunter gekämpft hatte, langsam, um nicht zu stolpern, wartete ihr Kindermädchen an der Küchentheke auf sie. Die Frau trug eine blaue Schürze und ein Kopftuch und knetete gerade mit ihren Händen einen Schokoladenteig, den sie danach mit einer Walze ausrollte.
Leia konnte sich nicht daran erinnern, dass die Frau die Plätzchen alleine machen wollte. Enttäuscht lehnte sie sich gegen die Küchenwand.
"Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann du das letzte Mal so lange geschlafen hast, Leia-Schatz", waren ihre ersten Worte, bei denen sie sich nicht die Mühe machte, sich umzudrehen. Leia hatte gar nicht auf die Uhr gesehen, doch sie schätzte, dass es mittlerweile schon viel zu spät war, für ein Mittagessen. Scheinbar nahm ihr Kindermädchen nicht an, dass sie hungrig war, oder gar enttäuscht, dass es die Plätzchen bereits alleine backte.
Anstatt zu antworten, raffte Leia entschlossen ein Sternenförmchen aus einer Schublade und stach es in den ausgerollten Teig, der herrlich nach einem Morgen in der Backstube duftete, ohne, dass er bereits im Ofen war. Eins nach dem Anderen folgten weitere Sterne. Es waren zwei, drei, vier, fünf, als sie unterbrochen wurde.
"Möchtest du nicht lieber Herzchen machen, Leia-Schatz?", fragte das Kindermädchen freundlich und griff nach ihrer Hand, woraufhin Leia das Förmchen fallen ließ, ohne den ausgestochenen Teig daraus zu befreien. Als die Frau sie losließ, schmerzte ihr Arm, als sei er durch die Berührung vergiftet worden.
"Ich möchte lieber Sterne. Meine Mama mag doch Sterne, richtig?", erwiderte Leia und setzte sich an den Esstisch.
Als sie sich wieder dem Ofen zuwandte, sah sie einen schwarzen Schatten an seiner Klappe vorbeihuschen. Es war nur einen Moment gewesen und sie hätte es sich auch einbilden können, aber dafür sah der Umriss einfach zu menschlich aus. Leia hatte ganz deutlich zwei Hände gesehen und die Wölbung von zu großen Klamotten.
"Ist noch wer hier?", fragte sie überrascht und auch neugierig, ohne auf eine Antwort zu warten. Obwohl es so viel gab, vor dem Leia sich fürchten könnte, war sie kein ängstliches Mädchen. Weder die Dunkelheit, noch Dinge wie Monster, der Tod, Schmerz oder Blut machten ihr Angst. Das Einzige, was Leia niemals verzieh und das sie niemals befürworten könnte, waren Lügen. Davon hatte sie einfach zu viele gehört, die bereits ein riesiges Netz um sie herum gesponnen hatten. Sie machte sich nicht die Mühe, jeden Strick zu lösen und irgendwann freizukommen. Die Lügen waren schneller als sie und würden sie innerhalb von Sekunden wieder einholen und widerstandsunfähig machen.
"Natürlich nicht. Deine Eltern sind noch auf Geschäftsreise, Leia-Schatz. Sie kommen erst nächste Woche wieder. Aber wir können ja nochmal zusammen etwas für sie basteln, wenn du magst"
"Ich habe aber Jemanden gesehen", beharrte Leia stattdessen und beobachtete das Kindermädchen, wie es einen Teigstern nach dem Anderen auf ein großes, mit Backpapier ausgelegtes, Blech legte, welches es dann in den vorgeheizten Ofen schob.
"Du hast eine blühende Fantasie, mein Kind, genau wie Dr Kitson immer sagt"
Dr Kitson sagte Vieles, vor Allem die Lügen, die Leia so hasste. Er behauptete zum Beispiel, dass Leia und ihr Kindermädchen sich so nahe und vertraut behandelten und auch so gleich aussahen, wie Mutter und Tochter. Daran mochte Leia nicht glauben, auch wenn sie das gleiche schwarze seidige Haar hatte, wie die alte Frau. Doch das der Frau war immerhin lockig und ihre Augen waren gräulich, anstatt fliederfarben.
Ebenso behauptete der Doktor, dass Leia irgendwann in New York auf einer Universität studieren konnte. Alle, die im grauen Klotz lebten oder den Bewohnern nahe standen, wussten, dass sie niemals so lange leben würde. Dies war selbst außerhalb der Kraft eines großen magischen Wunders.
Dr Kitsons großte Lüge spielte sich jedoch bereits vor langer Zeit ab. Vor zwei Jahren, als sie ihn das erste Mal in ihrem Zimmer stehen sehen hatte. In seinem peniblen, weißen Jackett, der Nickelbrille, die viel zu groß für sein schmales Gesicht war und die Halbglatze, die ihn zu einem Fernseharzt machte. Seine ersten Worte zu ihr waren Nichts als Lügen, gedeckt mit einem Lächeln. "Guten Tag, Leia. Mein Name ist Dr John Kitson und ich freue mich darauf, mit dir zu arbeiten!"
Sie hatte nicht geantwortet, sondern die große Daunendecke über ihrem Kopf gezogen und sich versteckt.
"Du hast wohl Recht", war was Leia dem Kindermädchen antwortete.
Das Kindermädchen schien sich nun nicht mehr um sie zu scheren und war ganz in seine Arbeit vertieft, was Leia dazu veranlasste, in ihren Gedanken zu verschwinden.
Vielleicht hatte sie wirklich eine zu große Fantasie. Aber das war doch nichts schlechtes. Glöckchen hatte ihr höchst persönlich gesagt, dass sie niemals aufgeben musste und sollte, weil sie sonst Schwäche bewies und ihn damit nur traurig machen würde. Sie sollte bis zum Schluss kämpfen. Dann könnte sie das erste und letzte Mal in ihrem Leben aufrecht Abschied nehmen, ohne abermals getragen zu werden.
Als Leia aufsah, stand der selbe Schatten, der eben am Ofen vorbeigesaust war, im Rahmen der Küchentür und stemmte die Hände in die Hüften, als sei er verärgert darüber, dass das Kindermädchen ihn nicht wahr genommen hatte.
Diesmal erzählte Leia der alten Frau nichts mehr von ihrer Entdeckung, da es sowieso wieder nur als Hirngespinst abgetan werden würde, sondern gab preis, dass sie sich wieder in ihr Bett legen würde, aufgrund einer plötzlichen Müdigkeit. Ohne große Worte ließ das Kindermädchen sie gehen, nicht ohne vorher zu fragen, ob sie einen Apfel oder eine Orange essen wollte. Als Leia dankend abgelehnt hatte, griff sie versuchsweise in den Schatten hinein und bekam ihn überraschenderweise an der Schulter zu fassen, obwohl er beinahe einen ganzen Kopf größer war als sie.
Nun schien ein Grinsen auf seinem grauen Gesicht zu erscheinen. Leia wusste nicht, was sie auf diese Geste erwidern sollte. Der Schatten sagte: "Gut gekontert, aber die Wahrheit war's trotzdem nicht. Wie kann Jemand überhaupt Fantasie haben, wenn er im 24 Stundentakt bewacht wird und nie raus darf?"
Schnell sah Leia sich um und schaute nach, ob das Kindermädchen etwas gehört hatte, doch die alte Frau stand nach wie vor am selben Fleck und drehte ihr den Rücken zu.
Leia stand auf. Langsam und vorsichtig zog sie den Schatten mit die Treppe hinauf, ohne dass er sich wehrte.
Als sie sich mit ihm an der Hand auf ihr Bett fallen ließ, schmerzten ihre Ferse und ihre Handknöchel, da er ihre Hand erstaunlich fest gedrückt hatte, dafür, dass er anscheinend nur aus Luft und einer Sonnenspiegelung zu bestehen schien.
Als Leia wieder Gelegenheit zum Atmen fand, wusste sie nicht mehr, wo sie anfangen sollte. Sie fand es seltsam, einen Schatten zu fragen, was er in ihrem Haus zu suchen hatte. Vielleicht war es für ihre Verhältnisse generell merkwürdig, sich mit einem Schatten zu unterhalten. Darüber musste Leia an diesem Abend unbedingt mit Glöckchen reden.
Zum Glück wollte der Schatten beginnen und so verschränkte er die Arme, anscheinend leicht wütend, und kehrte Leia den Rücken zu.
"Hey...warte Mal! Das ist mein Haus, tu' nicht so, als wärst du hier daheim!", schalt sie ihn sofort und bemerkte, dass sie mit ihm sprach, als seien sie ein altes Ehepaar. Der Gedanke schien ihr beinahe die Röte in die Wangen zu treiben.
"Entschuldigung, aber ich finde es nicht korrekt, dass man mir nicht gesagt hat, du könntet mich sehen. Eine unentdeckte Seherin- unverzeihlich, weißt du? Nach dem Job hier werde ich dem Verantwortlichen für dieses Dilemma hier umbringen müssen..."
"Bitte was?" Leia hatte schon einige Beschimpfungen und dergleichen gehört, aber niemals eine Gewaltandrohung, noch dazu über etwas, das sie nicht mehr verstand als die Sterne am Himmel.
Endlich wandte der Schatten sich ihr wieder zu und Leia erschrak, als er plötzlich merkwürdig zu flimmern schien. "Tut mir leid, falls ich jetzt dein kleines tolles Weltbild verrückt habe" Auf einmal wurde der Schatten zu einem Menschen mit Haut und Haaren, was nicht dazu führte, dass Leia erleichterter war. Denn sie hatte noch nie mit einem Jungen mehr als nur fünf Minuten gesprochen, geschweige denn einen in ihr Haus gelassen.
Der Junge stupste ihre Nase mit dem Zeigefinger an und ihr wurde wieder bewusst, wie viel älter er sein musste. "Was für ein Dilemma? Ich meine, ich kann dir vielleicht helfen, wenn du mir sagst, was...", begann Leia, unterbrach sich aber selbst, als sie seine ablehnende Haltung erkannte. Der Junge sah wie ein ganz normaler Jugendlicher aus. Er trug einen leicht zerdrückten Kapuzenpullover und eine knielange Hose. Sein freches Grinsen war umgeben von rotbraunen Haaren, die in alle Richtungen standen.
Statt ihren Satz zu beenden, schenkte Leia ihm ihr Lächeln, in der Hoffnung, ihre Verwirrung würde nicht daraus zu lesen sein.
Plötzlich kam der Fremde ganz nah, so dass sein Gesicht weniger als einen halben Meter von ihrem entfernt war und pflaumte: "Ich mag's nicht, wenn man mich verarscht"
Verschreckt krabbelte Leia ein Stück weiter in die Mitte ihres Bettes, doch der Fremde lachte nur leise und begann wieder zum Schatten zu werden. "Zwölf Jahre hab' ich dich beobachtet. Tag ein Tag aus. Und mir hat KEINER mein Obst hergebracht, nur, damit du's weißt. Wirst 'n ganzes Stück Arbeit. Aber wenn du schon so fragst, werd' ich dir's natürlich sagen. Als ob ich 'nem Mädchen einen Wunsch würde", begann der Junge und riss daraufhin überrascht die Augen auf.
Leia hatte sich über die ganze Decke gestreckt und nach seinem Arm gelangt.
Ihr Rücken begann zu schmerzen und sie ließ sich schnell zurücksinken, um sich dann die schmerzenden Knochen zu massieren. "Spinnst du? Es gibt andere Methoden um zu sagen 'Bitte bleib hier, Darius!'", meckerte der Junge, der anscheinend auf den Namen Darius hörte. Leia mochte den Namen, auch wenn sie sich normalerweise nicht für solch nebensächliche Dinge interessierte.
"Du sollst ein Mensch bleiben", erwiderte sie nur und lehnte sich gegen ihr Kissen.
Darius seufzte und blieb in seiner jetzigen Gestalt. Dann erklärte er ihr mit einem traurigen Unterton, dass diese Form nicht die eines Menschen war und auch nie sein würde, was Leia wieder zum Stutzen brachte.
Sie dachte, dass Glöckchen vielleicht Rat wusste und hob ihn in ihre Arme. Darius beäugte den Hasen misstrauisch, nur um dann mit seiner geplanten Erklärung fortzufahren. "Das so genannte Fiasko ist, wenn du's genau wissen willst, sogar deine Schuld. Eigentlich hättest du weder meinen Schatten noch meine wahre Gestalt sehen dürfen...
Ich habe schon von mehreren Fällen gehört, in denen dasselbe eingetroffen ist, aber meine Schützlinge waren bisher eigentlich keine Seher..."
"Seher?", fragte Leia, mehr neugierig als geschockt. Gewisser maßen war sie sogar aufgeregt, dass der erste Junge, mit dem sie so lange sprach, so interessant war. Sie wusste zwar immer noch nicht, was er in ihrem Haus zu suchen hatte, aber wenn sie seinem Verhalten eines abnehmen konnte, dann, dass er nicht in Eile schien. Darum hatten alle weiteren Fragen Zeit.
"Schützlinge, die ihre Engel sehen können. So wie du eben. In meinem Menschenleben hieß ich Darius, darum entschied ich mich auch in meinem Schutzengelsdasein für diesen Namen..."
"Was ist mit den Leuten, die ihre Schutzengel- wenn ich das richtig verstanden habe- nicht sehen können?"
"Arme Schweine", erwiderte Darius und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Leias Kindermädchen hätte sich wahrscheinlich Sorgen gemacht, wenn sie mit solch einer Person Umgang pflegte. Aber sie war viel zu anfällig für den Gedanken, ihren persönlichen Schutzengel kennen zu lernen! Dennoch hatte sie noch so viele Fragen, wie etwa, warum sie Darius Schatten erst jetzt sehen konnte, warum er keine Angst hatte, sich ihr zu offenbaren. Neben ihren anfänglichen Bauchschmerzen konnte sie nun auch fühlen, wie ihr Kopf sich scheinbar aufblähen zu schien, je mehr Gedanken sie sich um Darius machte.
"Warte Mal...aber du hast gar keine Flügel und sowas..."
Darius brummte wenig begeistert und motzte: "Ich hasse diese Klischeebesserwisser. Engel haben Flügel. Engel in Ausbildung nicht. Tut mir ja jetzt unbeschreiblich leid, dass du nur an einen blutigen Anfänger wie mich geraten bist, aber du bist auch nicht gerade der Hauptgewinn in uns'rer Losbude"
"Kannst du irgendwelche Tricks?" Bei ihrer Frage schien einer von Darius' Gedultsfäden zu reißen. Er machte ihr deutlich klar, dass er kein Zirkuspony war und gab dann zu, dass er die eine oder andere Fähigkeit hatte, die jedoch nicht so ausgeprägt war, da er noch in Ausbildung war.
Dann schloss er die Augen, als habe er ein Geheimnis, dass er ihr nicht zeigen wollte und im nächsten Moment fühlte Leia, wie sich etwas in ihren Armen bewegte.
Es war Glöckchen, der sich seine Beine ausschüttelte, hustete und von ihr heruntermarschierte.
Leia verkniff sich ein Lachen und fragte anstelle dessen: "Du kannst Stofftiere lebendig machen?"
Darius plusterte sich auf und nahm Glöckchen auf seine Hand, bevor er von Leias Bettgestell fiel. Er streichelte sein Köpfchen, innerlich geschockt über Leias Zurückhalten, obwohl er gerade ihrem treuesten Freund Leben geschenkt hatte, woraufhin Glöckchen ihn mit den Worten "Du bringst nichts als Unglück!" begrüßte. Darius ignorierte ihn und erklärte dem Mädchen, das mittlerweile auf den Knien hockte, als sei sie bei einer Märchenstunde, die Sache mit Glöckchen.
"Nicht nur deinen Hasen kann ich menschlich machen. Ich kann jedem Gegenstand, jedem Menschen- wenn auch nur für einen kurzen Moment- und jedem Tier Leben einhauchen. Das ist meine Gabe. Und bevor du fragst: Nicht alle Engel haben Gaben. Zumindest nicht alle Bedeutende. Die meisten haben einfach die typischen Veränderungen: Schönheit, gewisse Intelligenz und gewisse Schnelligkeit, denn auch bei den letzten beiden Punkten gibt es Differenzen"
Nun sprach Leia die Verwirrung aus dem Gesicht. Darius sah ihre starren Augen, hinter denen eine ganze Werkstatt die neuen Informationen zu verarbeiten schien.
"Unglaublich, dass du mir so leicht glaubst. Ich könnte auch ein Pädophiler sein, weißt du?" Darius schüttelte den Kopf über ihre Leichtgläubigkeit.
"Was, ein pädophiler Schatten?", fragte Leia entrüstet und brachte ihn zum Grinsen, "Ich mag es, wenn du lachst und religiös war ich schon immer. Ich vertraue dir."
Er nickte und beschloss, dass er ihr genug für einen Tag gelehrt hatte, da sie in Zukunft noch viel Zeit hatten. Schließlich hatte er eine Aufgabe zu erfüllen, welche sich durch ihre Sehergabe viel schneller erledigen würde, als er gedacht hätte.
"Das wichtigste: Du darfst Niemandem über meine Existenz erzählen! Sonst werd' ich ausradiert, wenn du verstehst, was ich meine. Versprich mir das, Leia!", erklärte er ihr mit fester Stimme und wollte gerade in die Hände klatschen, um sie zurück ins Bewusstsein zu ziehen, da antwortete sie.
"Versprochen", sagte sie benommen, betäubt von dem Klang ihres Namens aus seinem Mund. So klang er gar nicht fremd, alt und hässlich, sondern eher mystisch und besonders. Der Name schien schnell und rund von seiner Zunge zu gehen. Das Kindermädchen sprach Leia immer kantig und pausierend vor dem letzten Buchstaben aus.
"Warte Mal kurz, du musst wieder weg?", fragte Leia, als er Anstalten machte zu gehen und Glöckchen von seiner Hand in ihren Schoß gleiten ließ.
"Das nicht. Aber ich schätze, du wirst nicht begeistert sein, wenn ich neben dir im Bett liege, wenn du aufwachst. Ich geh' nur zu meinem Wachposten. Engel brauchen keinen Schlaf" Letztes quittierte er mit einem Zwinkern.
Darius legte Leia eine Hand auf ihr rabenschwarzes Haar und und verabschiedete sich kurz, bevor er sich wieder in einen Schatten verwandelte und auf seltsame Weise mit ihrer Zimmerwand verschmolz.
Seinen Abgang fand Leia etwas korrupt, aber sie machte sich keine weiteren Sorgen darüber und teilte ihre Verwirrung mit Glöckchen. Obwohl er zugeschaut hatte, erzählte sie ihm von Neuem was gerade geschehen war, um auch sich selbst von der Richtigkeit zu überzeugen.
In Glöckchens großen runden Knopfaugen fand sie dennoch eine Frage, die auch sie die ganze Zeit über quälte: Warum sehe ich dich erst jetzt, wenn meine Gesundheit sich immer weiter verschlechtert?
Da Darius Glöckchen das Leben anscheinend nicht entzogen hatte, machte sie sich einen Spaß daraus, endlich Antworten von ihm zu bekommen. Nun konnten sie alle elf Jahre nachholen, auch wenn es Leia beschäftigte, dass sie nicht ganz bei der Sache war. Denn eine Kleinigkeit lenkte den Hauptspeicher ihrer Aufmerksamkeit auf sich.
Als Darius gegangen war, hatte Leia in ihrem Ohr eine zarte Glockenmelodie gehört.