Sonntag, 21. April 2013

Wenn Du Mich Brauchst // GERMAN // chapter 1-3

{will soon be translated to english!}

Wenn Du Mich Brauchst 

Prolog: Seitdem ich dich liebe

 Als mein bester Freund Castiel sich niederkniet, beinahe durchnässt von dem Regen, sehe ich es. Den kleinen Hund, der sich am Parkrand unter einer Bank versteckt hat.
Ich bin erstaunt wie liebevoll mein bester Freund mit ihm umgeht. Selbst, wenn er behauptet er sei nicht an Dingen wie Freundschaft interessiert, kommt es mir so vor,als habe ich nie zuvor Jemanden mit einem größeren Herzen getroffen. Castiel greift in seine Jackentasche und zieht etwas hervor, dass wie eine Belohnung für den Hund aussieht.
Doch gerade als dieser auf seinem trockenen Plätzchen kommen will, dreht Castiel sich abrupt um und sieht mir in die Augen.
Mein Herz schlägt wie verrückt. Aus Angst. Ich habe Angst, was er jetzt mit mir tun wird, vielleicht fürchte ich mich auch vor meinen eigenen Reaktionen. Ich weiß nur, dass ich laufe, immer tiefer in den Wald hinein.
Komme an so vielen Bäumen vorbei, dass ich müde werde und das Gefühl bekomme im Kreis zu irren. Als ich das nächste Mal vom Erdboden aufschaue, sind die Baumkronen über mir so dicht, dass sie kaum die Sonne durchlassen. Ebenfalls ist es unnatürlich kalt hier, obwohl wir mitten in den Sommerferien stecken.
Ich spiele mit dem Gedanken umzukehren, doch diese Blöße gebe ich mir nicht. Meine Hand krallt sich wie von selbst einen nahe gelegenen Ast und zieht meinen restlichen Körper nach oben, immer weiter. Ich war noch nie besonders sportlich, allem voran weil meine Krankheit es nicht erlaubt. Osteogenesis Imperfecta erkrankt bin ich nicht, nein- Glasknochen habe ich keine. Aber schwach war ich schon immer, ohne, dass ich etwas dafür konnte.
Dennoch schaffe ich es beinahe bis nach ganz oben, wo ich mich ausruhe und meinen Kopf seitlich an den dicken Stamm anlehne. Je ruhiger es wird, desto müder werde ich.
Mein Herzschlag wird immer leiser und regelmäßiger, als befinde ich mich in einer Art Stand By-Modus. Auch wenn ich weiß, dass ich schlau genug bin im Ruhezustand nicht von 4 Metern höhe zu stürzen, kenne ich mich selbst besser als alle Anderen. "Wenn sie einmal einschläft, wirst du sie nicht wach kriegen ehe es Neujahr ist", scherzt meine Mutter meist. Allein bei dem Gedanken daran erröte ich.
Wenn ich in Castiels Gegenwart ausgepowert bin, nutzt er diese Chance ziemlich oft um einfach abzuhauen. Er ist nicht nur ziemlich unfreundlich sondern auch sehr gewalttätig. Natürlich ist er trotzdem mein bester Freund, auch wenn ich für ihn niemals mehr als das nervige Mädchen von nebenan sein werde. Natürlich. Aber ich bewundere ihn. Viele reden sehr schlechte Dinge über ihn. Castiel lässt sie gewähren, selbst wenn er genau weiß,wer dahinter steckt.
Nicht, weil es ihn nicht interessiert, sondern weil er anderen die Wahl lässt.
Damals, vor einem Jahr, hatte er Mal wieder die erste Stunde unserer dritten Klasse geschwänzt. Meine Sitznachbarin Hino hatte sich sofort laut über ihn ausgelassen, bevor die Lehrerin hinein kam, woraufhin alle Anderen eingestimmt hatten. Ich hatte bis zum Stundenbeginn über meinem Mathebuch geschlafen.
Doch nach der Stunde in der fünf minütigen Pause suchte ich ihn und fand ihn im Schatten unter den vier Säulen, die unsere Sporthalle hielten. Castiel saß an der Wand gelehnt, neben der die Treppen zu der Sporthalle hinauf entlang gingen.
Ich sprach ihn nicht an, aber ich sah seinen Blick, der ständig auf einem Mädchen hing, das auf dem Sportplatz Tennis spielte. Von dort an freundete ich mich mit Castiel an. Er zeigte mir, dass man das Leben einfach ändern musste, wenn es farblos wurde. "Wenn du Spaß haben willst, geh. Und hab Spaß. Das Leben ist da um es zu leben, oder nicht?", sagte er einmal.
Als ich über ihn nachdenke,spüre ich, wie ich doch langsam eindöse.
Aber auf einem Baum?
Ich suche mit meinen Augen um mich herum ab, ob die Luft rein ist, dann klettere ich hinunter und lehne mich mit meinem Rücken gegen den Stamm. Langsam sinke ich zu Boden und schließe die Augen.
Je länger ich sie geschlossen halte, desto windiger wird es. Meine kurzen Haare kitzeln mein Gesicht, aber ich störe mich nicht daran sie wegzustreichen.
Ich würde nur kurz einnicken...nur ein wenig.
Also schlafe ich...
Bis mich ein schneller Schmerz weckt. "Iiihk!", mache ich laut, als ich hochgezogen werde. Jemand hat mich bei meinen Haaren gegriffen und drückt mich fest gegen den Baum. Ich kneife die Augen zusammen, doch als ich Castiels Geruch wahrnehme, verbrannt wie Asche, nach Minze und Regen, öffne ich sie wieder.
Blätter hängen in seinen schwarzen Haaren und seine Augen glitzern gefährlich. Giftgrün und ein Blick, als ob er töten könnte.
"Ein Wort über den Hund...", beginnt er und überlässt den Rest des Satzes meiner Fantasie. Aber ich kann mir die Drohung gut von selbst ausmalen. Ich nicke und er lässt mich los. Wie ein leichtes Blatt sinke ich zu Boden. Völlig erledigt lasse ich den Kopf hängen.
Bis ich spüre, dass er immer noch da steht und mich beobachtet. "Was ist?", raune ich, "Ich sag doch nichts über den Hund. Du kannst mir vertrauen, weißt du?" Er erwidert nichts, darum rede ich ungebremst weiter. "Selbst, wenn die anderen aus der Schule Idioten sind, vielleicht mit Ausnahme dieses einen Tennismädchens, dass du immer beobachtest, ich bin nicht sie."
"Steh schon auf", motzt er nur und ich rappele mich auf. Das Gefühl, meine Beine könnten jeden Moment einfach so wegknicken befällt mich. Castiel muss es meinem Gesicht angesehen haben, denn er nimmt meine Hand und zieht mich mit sich aus dem Wald, ohne sich einmal zu mir umzudrehen.
Mein Herz schlägt wieder viel zu schnell. Bald tut es mehr weh als meine Knochen.
Es schlägt schnell. Schneller.
Aus Angst, natürlich. 

1. Kapitel: Der Tag an dem du fremd wurdest

 Es ist Montag, ich wache mit schmerzenden Knochen auf und es regnet wie aus Eimern.
Das ist, was ich mit dem ersten Augenaufschlagen instinktiv weiß. Mit dem Zweiten erfasse ich, dass ich zu spät zu meinem ersten Schultag komme und ehe ich noch einmal zurücksinke, springe ich aus dem Bett.
Natürlich haben Mom und Dad mich nicht geweckt, da meine Eltern getrennt sind  und meine Mutter einen Vollzeitjob hat, der es ihr nicht erlaubt, besonders viel Zeit mit mir zu verbringen.
Darum rappele ich mich auf, wühle mir meine Klamotten zurecht (ein leichter Wollpullover und Jeans, da ich sehr leicht friere, selbst im Sommer) und verschwinde im Bad.
Nachdem ich mich an das helle Licht gewöhnt habe, sehe ich meine To-Do-Liste am Spiegelschrank hängen:
- Noten bessern
- Moral bessern
- Freunde finden
- Glücklich verlieben
Was den letzten Punkt betrifft, so bin ich fest entschlossen. Nach Zehn Jahren hinterherlaufens meines ehemals besten Freundes Castiel habe ich eines gelernt: Das Ende deiner Träume, Hoffnungen und Gefühle zu sehen ist nicht leicht, aber es tut noch viel mehr weh, wenn du versuchst sie wieder einzufangen.
Abgehetzt mache ich mich fertig, rase nach unten, packe mein Frühstück und ziehe von Dannen. Eine neue Schule heißt auch ein neues Leben, eines neues Ich selbst und neue Freunde und Umgebung. Ich darf hier sein wer ich will.
Früher... hätte ich mich niemals geschminkt. Nur heute. Weil ich endlich die sein kann, die ich schon immer sein wollte, auch wenn ich es nicht bin.
Nun, ich bin Hikari. 16 Jahre alt, frisch in der 10. Klasse des Sweet Amoris-Gymnasiums gewechselt und war erst einmal verliebt. Unglücklich.
Die Häuser und Straßen an denen ich vorbeilaufe scheinen mir permanent ins Ohr zu flüstern, wie viele Minuten ich schon zu spät komme und ich bekomme das Gefühl, dass ich für jede Abbiegung, die ich nehme, eine Ewigkeit brauche. Denn als ich in das Schulgebäude stürme und die Flure menschenleer sind, weiß ich, dass ich tatsächlich eine Ewigkeit gebraucht habe. Es sind bereits 24 Minuten nach Unterrichtseginn, als ich mich ins Sekretariat stehle und zwei Damen mit identischen Brillen mich begrüßen. Die mich weiterschicken, mit der rosagekleideten Direktorin zu sprechen. Irgendwie... sieht sie aus wie meine Oma. Klein, faltig wie labbriges Brot, aber ein Lächeln das noch kein Bisschen alt aussieht, sondern Jünge ausstrahlt.
"Ich bind die Direktorin der Schule, guten Tag. Hyuuga Hikari, erinnere ich mich da richtig?" Ihre Stimme ist sehr hoch und passt zu ihrem Erscheinungsbild.
Ich antworte mit hochrotem Kopf und hoffe nur, dass ihr die Uhrzeit nicht vertraut ist.... "Genau. Hyuuga Hikari, guten Morgen"
"Ich hatte nur gehofft, Sie ohne Verspätungen hier begrüßen zu dürfen, bitte folgen Sie mir"
Mit gesenktem Kopf folge ich der Frau einige Gänge entlang, Jeder scheinbar identisch gleich. Sie scheint mich zu meiner ersten Stunde zu bringen, vorher jedoch macht sie mich mit meinem Stundenplan, meinem Spind und der Sporthalle bekannt. Dann lässt sie mich auf mich allein gestellt.
Und... als ich vor der Tür meines Klassenraums stehe, bekomme ich Angst. Höllische Angst. Was, wenn sie mich für einen totalen Snob halten? Einen Freak,der sich im Sommer in seinen Wollpullovern versteckt? Eine Niete, deren einziges Erfolgserlebnis die guten Noten in Mathe und Deutsch sind?
Dann erinnere ich mich. Das war ich einmal. Jetzt sieht mein Pullover mit hochgekrämpelten Ärmeln extrem gut aus, mein Gesicht mit Kajal und Wimperntusche zugekleistert sieht schön aus, meine Haare sind gekämmt und ordentlich und ich dufte nach Vanilleparfum. Ich kann nicht das ich von damals sein. Das Ich ist gestorben.
Dieser Gedanke gibt mir den Mut, nach dem Türgriff zu fassen und mich meiner neuen Klasse zu stellen.
Der Lehrer sieht ordentlich überrascht aus und geschätzte 23 Gesichter glotzen mich mit Stielaugen an. Einige Mädchen prüfen sofort ob ich irgendeine Gefahr für sie bin, während ein Junge in der ersten Reihe mich ansieht, als sei ich seine Zukunft. Alles was ich von seinem Erscheinen behalten kann, ohne gemein zu sein, sind die Kekse, die er heimlich unter seinem Pult mampft.
Dann geht Alles ganz schnell. Der Lehrer schiebt mich nach vorne, ich sage die üblichen Begrüßungsworte und werde auf den letzten Platz in der letzten Reihe gewiesen. Natürlich. Aber ich habe keine Angst, denn sie kennen mich nicht. Nur meine Verkleidung, meine Hülle. Und die ist perfekt.
Also mache ich mich auf den Weg zu meinem Stuhl. Dachte ich. Bis es mich auf einmal nach unten zieht und ich einen üblen Schmerz in meinem Knie spüre. Es tut mehr weh als es sollte. Schon immer war ich schwach, damals, heute, werde es immer sein. Glasknochen habe ich keine, aber meine Knochen sind nicht besonders stabil.
Ich sehe auf und über mir blitzen mich zwei Augen an, deren Körper ich bis zu dem Bein verfolge, der sich mir absichtlich in den Weg gestellt hat.
"Huch. Wie ungeschickt. Tut mir leid, ich hatte mich einfach nicht unter Kontrolle! Aber weißt du, ich bin da sehr sensibel. Sobald ich einen Freak sehe, kann ich nicht anders. Ich bekomme das Bedürfnis ihn auf den Boden zu zwingen und ihn zu zerfetzen, bis er sich in den Schlaf weint und ich die Hauptrolle seiner Alpträume bin"
Locken, blond, Ohrringe. Wunderschön. Mehr kann ich mir nicht merken, bevor die Tränen meine Sicht versperren und ich wie ein Kleinkind zu flennen anfange. Ich habe den Klassenraum und die Leute völlig ausgeblendet, es gibt nur noch den Schmerz und mich - mich und den Schmerz.
Aber dann sehe ich... ein vertrautes Gesicht. Grüne, giftgrüne Augen. Hände, spüre den Druck an meinen Schultern und wie ich durchgeschüttelt werde. Es sind die selben Hände, die damals den kleinen Hund gefüttert haben. Aber das kann nicht sein. Mein Castiel hat schwarze Haare. Keine Roten. Und er trägt keine Kopfhörer um den Hals. Er trägt eine braune Lederjacke, seine geliebten schwarzen T-Shirts, Kleidung die ihn so unsichtbar macht wie möglich. Das ist nicht mein Castiel. Aber habe ich das Recht das zu sagen,wo ich doch jetzt gerade auch nicht seine Hikari, sondern das Waschbärmädchen mit den schwarzen, schminkeverlaufenen Wangen bin?
Der Schock reißt mich aus meiner Taubheit und Castiels Stimme dringt zu mir durch.
"Hikari, Alles okay? Hikari? Alles wird gut, ja, die Krankenschwester hat Verbandszeug und Plaster und... und Kühlpads und... du kannst dich hinlegen und ja... du... du kannst auch ein bisschen nach draußen gehen!" Ich antworte nicht.
Ich starre Castiel nur an, bis er mit einer Sorgensfalte zwischen den Augen seine Aufmerksamkeit auf die Blonde richtete. Ihr eine Strafpredigt darüber hält, wie klein ich bin. Wie zierlich, wie schwach. Es ist unerträglich.
Aber irgendwie hat er recht. Egal wie oft ich mich altes ich zurücklasse, es olgt mir und kommt zu mir zurück wie ein Boomerang. Mein Schatten, festgehaftet an meinen Schuhsohlen.
"Ich bin alt genug, Castiel, ich kann mich selbst wehren", erklärte ich ihm und stand auf. Mein Bein schmerzte höllisch und er schien es mir anzumerken, sagte aber nichts.
Würdevoll begab ich mich zu meinem Platz und legte die Stirn auf die Tischplatte, bis der Schmerz erging. Er blieb.
Er blieb, bis das Klingeln die Stunde beendete und ich mich als Erste nach draußen flüchtete.

2. Kapitel: In Liebe, deine Nachbarin

Früher als kleines Mädchen fiel ich oft hin. Beinahe täglich. Meine Mutter schien sogar die Tage im Kalender rot anzukreuzen, an denen ich ungeschadet abends im Bett lag. Einmal hatte ich sie sogar damit enttäuscht aus diesem rauszufallen, so dass sie ihre Markierung ausradieren musste.
Aber sie hatte stets gelacht. Meine Mutter. "Morgen schaffst du es, Hikari!", hatte sie mich ermutigt und mir grünen Tee gemacht. Irgendwann, wie durch ein Wunder, schaffte ich es tatsächlich mir anzugewöhnen mich am Geländer einer Treppe festzuhalten, bevor ich diese runterfiel, mich mit den Händen abzufangen, den Mund immer zum Löffel zu führen und täglich Verbandszeug mit mir rumzuschleppen. Nach der Schule sagte Mutter dann einmal ganz stolz: "Siehst du? Egal wie schlimm die Schule ist... du kommst nach Hause und Alles ist gut. Und was du dafür brauchst ist nicht mehr als ein grüner Tee und ein Lächeln auf dem Gesicht!"
Diesmal war es nicht so.
Ich kam nach Hause und es war nicht gut. Denn als ich das Gartentor aufstoßen wollte, hörte ich die spöttische Lache Castiel's und drehte mich um. Ein Haus weiter friemelte er am Törchen rum und summte dabei eine wahllose Melodie. Dann fragte er: "Hast du das geplant?"
"Was?"
"Mir überall hin zu folgen für den Rest deines Lebens?"
Beinahe wäre meine Hand am rostigen Griff des Tores abgerutscht. Nein, er war nicht der alte Castiel. Der alte Castiel hätte mich nicht einmal eines Blickes gewürdigt und hätte schadenfroh meine Qualen genossen, in denen ich mich wand und mich fragte, ob ich ihn ansprechen sollte oder nicht.
"Du hast dich verändert", konterte ich nur, was er mit einem lachen quittierte.
"Das musst du gerade sagen. Vorallem mit dem Zeug in deinem Gesicht. Make-up, Hikari, wirklich? Das hast du nicht nötig"
Das hast du nicht nötig.
Hielt er mich mittlerweile für eine 0815-Schlampe? Oder lobte er mein Aussehen? Beides war möglich und nur ein Blick in seine Augen könnte die Wahrheit aufdecken. Aber ich stierte tapfer auf meine Fußspitzen und umging seine Bemerkung.
"Ist bei euch Jemand zu Hause?", lenkte ich ab und er ging glücklicherweise darauf ein. Wahrscheinlich war er auch nicht besonders scharf darauf mit einer Stalkerin über ihr Leben zu sprechen.
"Rate Mal"
"Dann komm rein. Ich mach uns was", bot ich an, ohne auf eine Antwort zu warten. Meine Mom würde ebenfalls außer Haus sein.
Castiel folgte mir wortlos, konnte aber natürlich nicht kommentarlos durch unsere Wohnung wandern. "Schicke Farben. Dein Werk?"
Er deutete auf die moccafarbenen Wände in unserer Küche, auf die ich vereinzelt Kaffetassen- oder Bohnen gepinselt hatte. Erinnerte er sich daran? An die Tage, an denen wir mit allem was wir auf unserem Herzen hatten, mit aller Leidenschaft, ein Baumhaus weit genug entfernt von unseren Eltern gebaut hatten? Als wir es eigenhändig angemalt und eingerichtet hatten und darin sämtliche Stunden verschwendeten, wenn Mal wieder alles zu viel wurde?
"Wie du weißt, ist Mom keine größe Künstlerin...", kommentierte ich und beobachtete Castiel, wie er seine Jacke über einen der Stuhle schmiss, achtlos wie eh und je.
"Hikari mit den Wunderhänden", konterte er spöttisch und ich streckte ihm mit einem Blick über den Rücken die Zunge raus.
Es war einer dieser Momente, in denen ich mich von meinem Herz verraten fühlte, weil es so schnell schlug. Blödsinn. Schließlich hatte ich auf meiner To Do Liste nicht umsonst "Glücklich verlieben" stehen.
"Und was ist mit dir? Deine Haare, mein' ich." Ich lehnte mich gegen die Küchenzeile und kramte im Gefrierfach nach einer Tiefkühlpizza. Es war nicht so, als könnte ich ein drei Gänge Menü für uns kochen. Abgesehen davon erinnerte ich mich vage daran, dass Castiel immer den Salat weggeschoben hatte, wenn wir im Sommer gegrillt hatten. Womöglich war er also immer noch nicht so ganz auf der Gemüse-Schiene.
Ich fand eine Pizza und schälte sie aus ihrer Verpackung. Kurze Zeit später taute sie vor unseren Augen im Ofen auf.
Ich gesellte mich zu Castiel, der immer noch nicht auf meine Frage geantwortet hatte. "Warum bist du zurückgekommen?", fragte er nur. Sein Blick lag auf mir, unverwandt und fremd.
"Gründe."
"Nämlich?"
"Hey... Castiel....Wie läufts mit dem Tennismädchen?"
Es fühlte sich an als sei es unser erstes richtiges Gespräch seit ich hierher zurück gezogen war. An den Ort, an dem meine ganze Kindheit noch klebte, zusammen mit meiner Liebe für Castiel. Sie hing in der Luft und je länger ich sie einatmete, desto mehr erinnerte ich mich. Desto mehr nahm sie wieder Besitz von mir.
"Hielt nich' so lang. Mit Keiner, weißte? Ich glaub', am Ende bist du doch die Einzige, mit der ich's lange aushalte." Er lachte und reckte den Kopf, um einen guten Blick auf den Ofen zu haben. "Oh mann. Das Gespräch wird langsam sentimental. Also, wie sahs bei dir aus mit der Liebe in den letzten Jahren? Hi-"
Er stoppte als er mein Gesicht sah. Es schien zu brennen und ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie rot es sein musste. Mich erfasste die Panik.
Wenn er wüsste...
Wenn er wüsste, dann würde ich eine von den gebrochenen Mädchen werden. Dann würde ich nie mehr dazu in der Lage sein, die Hikari von früher zu sein.
Will ich das? Bin ich das?
"'tschuldige. Die Pizza."
Ich erhob mich, um zum Backofen zu eilen und unser Mittagessen vor dem Verbrennen zu retten. Blitzschnell deckte ich zwei Teller auf dem Tisch und teilte die Pizza auf. Danach reckte ich die Arme, um zwei Gläser aus dem Schrank zu holen.
"Hey. Liebst du mich?"
Erneut von Panik ergriffen fuhr ich herum und bemühte mich, die Gläser nicht durch meine dürren Finger gleiten zu lassen. Schwachsinn. Blödsinn. Warum? Wieso? Weshalb..jetzt?
"Haaaah?! Warum das?!"
Meine Augen suchten ihn, aber er saß nicht länger auf seinem Stuhl, sondern war mir jetzt ganz nah. Wenn er mir noch näher kam, würde ich mich wieder in ihn verlieben. In sein rothaariges Ich. Castiel schien nicht auf meine Gedanken zu hören. Sanfter als ich es ihm zugetraut hätte, nahm er mein Gesicht in seine Hand und küsste mich.
Wenn du Spaß haben willst, geh. Und hab Spaß. Das Leben ist da um es zu leben, oder nicht?
Kein Wort über den Hund, sonst...
Steh schon auf!
Er löste sich und hatte ein spöttisches Grinsen auf den Lippen. "Du bist 'ne echt lausige Küsserin. Kein Wunder, dass ich dich nie als Freundin sondern als Schwester geseh'n hab. Ich muss jetzt leider mit dem Hund raus, 'n andres Mal, ja?"
Erst als die Tür hinter ihm zufiel, ließ ich mich langsam auf die Küchenfliesen sinken.
Das war, was man eine Abfuhr nannte, nicht wahr?
Dann, warum? Warum musste er zerstören, was ich so nah wie möglich bei mir gehalten hatte. Beschützt hatte. Sogar, bevor es sogar wirklich angefangen hatte?
Dann...wieso? Wieso fühlte ich mich so schwach, wie nie zuvor..?